Wohnen in Bewegung

Parcours ist eine typologische und programmatische Erfindung. Der Begriff steht für das „Zusammenkommen“ der Leitqualitäten des Projektes, (Städtebau), den Zuschnitt und die Lage des Bauplatzes (Typenentwicklung), die Schwerpunktthemen „Bewegung und Sport“ bzw. „Arbeiten im Homeoffice“ (Programmierung) und – damit verbunden – die besonderen Chancen für das Wohnen und das Quartier. Das Gebäude gliedert sich in drei Häuser, die hinsichtlich Typus und Erscheinungsbild unterschiedlich auftreten: das „Pawlatschenhaus“ an der Hirschstettner Straße, das „Deckhaus“ in der Mitte und das „Treppenhaus“ im Norden. Durch diese drei Häuser zieht sich die „Parcours-Schleife“, ein achterförmiges Bewegungsband, das die Erschließung als räumlichen und programmatischen Mehrwert aktiviert.


3 WEGE DURCH DAS HAUS

Drei charakteristische, speziell gestaltete Stiegenhauskerne – die Atrium-Pawlatsche, die Direttissima und der Nordsteig – binden mit ihrem räumlichen Angebot den Stadtboden und die Dachlandschaft zu einem unverwechselbaren Parcours zusammen, der allen Bewohner*innen des Hauses zur Verfügung steht.

Atriumpawlatsche

Im Inneneck des Baukörpers liegt die „Atrium-Pawlatsche“: ein offener, überdachter Hof, der die Wohnungen an ihrer Innenseite mit Licht und Luft versorgt. Durch öffenbare Fenster bzw durch Öffnen der Eingangstüre können sich die querdurchlüfteten Wohnungen – wie in eine, Pawlatschenhof – nach innen öffnen. Auf diese Weise erhalten die Wohnungen neben den nach außen orientierten Freizimmern einen etagenoffenen Binnenfreiraum, an dem ganz beiläufig Nachbarschaftsleben entstehen kann. Die Neigung der Treppen entspricht der großzügigen Flachheit der Haupttreppen in historischen Schlössern – der Komfort des würdevollen, unange-strengten Schreitens kommt hier dem Wohnalltag zugute – Treppen-Gehen wird zum Alltagsvergnügung.

Diretissima

Das zentrale Stiegenhaus schließt die Dach- und EG-Nutzungen kurz: in der Mitte, gegenüber dem Haupteingang der Schule, führt eine „Direttissima“ vom großzügigen Foyer nach oben bis auf die Dachterrasse. Ein höchst komfortables Steigungsverhältnis und die scherenförmige Treppenausbildung machen hier das Gehen bequemer als das Warten auf den Lift. Lufträume und Arbeitsbalkone, die sich mit Mikrobüros und wohnfit-Angeboten auf den einzelnen Etagen abwechseln, geben der „Direttissima“ zusätzliche Qualitäten und schaffen Orte für eine beiläufige Begegnung.

Nordsteig

Der „Nordsteig“ am grünen Vorhang – eine im freien liegende Fluchttreppe an der Nordwand des Gebäudes – bietet sich für die sportliche Besteigung des Daches über eine verschränkte Kaskadentreppe mit anspruchsvollem Steigungsverhältnis ein. Gleichzeitig lädt die dichte Atmosphäre des grünen Vorhangs zum Sitzen und Abhängen ein.

DER PROZESS-PARCOURS

Moderiertes Community-Building mit Partner*innen (konzipiert mit wohn:bund consult) sorgt für ein gutes Ankommen.

Wohnen in Bewegung

Die drei vertikalen Erschließungen verbinden sich über die Gänge, die Dachlandschaft und den Außenraum zu einem schleifenförmigen Parcours, der als attraktive und einladende Durchwegung das gesamte Gebäude zusammenhält. Die ‚Parcours-Schleife‘ verbindet die Angebote für die Hausgemeinschaft am Quartierplatz, auf den Etagen und den Dächern. Auf diese Weise lädt er sowohl räumlich als auch programmatisch explizit zur Bewegung durch das Haus ein.

Aktive Landung rundum

Das gesamte Erdgeschoß ist vom Wohnen freigespielt und sorgt an der gesamten Ostseite für eine intensive Belebung des Quartierplatzes: im nördlichen Bereich des Platzes liegt die Quartierszeile, ein flexibel einteilbarer niederschwellig anmietbarer Streifen für kleine Lokale und Geschäfte, der eine lebendige Kulisse für den Platz schafft. Richtung Norden steckt sie sich eine Einheit zweigeschoßig durch und aktiviert so die Straßenseite im speziellen. Südlich der Quartierszeile befindet sich das zentrale Foyer des Hauses mit Quartierstreff, großem Gemeinschaftsraum mit Kinderspiel- und Waschsalon sowie der Fahrradwerkstatt. Daneben steckt sich das LernLEO durch und gibt mit dem ruhigeren, stärker durchgrünten Lerngarten, der südlich an den zentralen Platz anschließt, der Schule ein komplementäres Gegenüber. Die Atrium-Pawlatsche zwischen Fahrradraum und Durch-gang belebt als großzügiges Freiraumfoyer am südlichen Treppenhaus die Innenecke. Entlang des Durchgangs und zur Hirschstettner Straße öff net sich ein Geschäftslokal mit 3,50 Raumhöhe – nutzungsoffen und flexibel teilbar – großzügig nach außen wie auch zum Binnenraum. Hier ist eine Gaming-Lounge für die Erstbesiedelung vorgesehen. Die Westseite wird im südlichen Bereich vom durchgesteckten LernLEO belebt, im nördlichen Bereich liegen Maisonettewohnungen, die im Erdgeschoss einen gänzlich abkoppelbaren Arbeitsbereich aufweisen.

Schachbrett

Zur Straße hin gibt die städtische Erscheinung des Hauses die innere Struktur des Hauses zurückhaltend wieder und spielt sie diskret in einem Schachbrettmuster nach außen. Die innenliegenden „Freizimmer“ geben den exponierteren Wohnungen hier ganzjahres-taugliche und schallgeschützte Freiräume, die ohne Auskragungen auskommen. Dieses Muster zieht sich um die Ecke nach Westen, und nach Norden in eine plastische Fassade mit versetzten Balkonen über.

Blick auf den Quartiersplatz

Die Quartierszeile sorgt für kleinteilige Belebung des Platzes in Richtung Schule.

Rendering: Schreiner Kastler

Blick von der Terrasse Richtung Quartiersplatz

Der „Garten- & Kochklub“ (Living Kitchen) liegt im 5.OG an der Dachterrasse mit Hochbeet-Landschaft; er ist anmietbar für das Bekochen größerer Gästegruppen sowie für spezielle Kochkurse für Kinder (Vermittlung der Kulturtechnik ‚gesunde Ernährung‘).

Rendering: Schreiner Kastler



Lage: 1220 Wien Projektformat: Bauträgerwettbewerb Projektstatus: 1. Preis, in Umsetzung Grösse: 4.750 m2 BGF: > 14.679 m2 Planungszeitraum: 2021 Auftraggeber: wohnfonds_wien Partner/innen: EGW Erste gemeinnützige Wohnungsgesellschaft mbH Fachplanner/innen: Carla Lo Landschaftsarchitektur, wohnbund:consult eG, Dipl.-Ing. Erich Röhrer, dorr - schober & partner, IPJ Ingenieurbüro P. Jung GmbH Mitarbeiter/innen: Mariam Al Gorgi, Oscar Binder, Irina Hristova, Partyk Slusarski, Daniel Jordan, Xabier Montilla