Vier schlanke Scheiben statt ein dicker Punkt, sowie vier Punktlandungen mit papierdünnem Dach statt eines stattlichen Sockels: würde damit nicht eine angenehmere Brise an der Seepromenade der Seestadt Aspern wehen?

Für den Bauplatz direkt am See der Seestadt Aspern ist im Rahmen eines geladenen Wettbewerbs ein Entwurf zu erarbeiten. Ein „Hochhaus mittlerer Höhe“ – 45 Meter – soll hier 160 freifinanzierte Wohnungen im mittleren Preissegment beherbergen.


Die Formel des Hochhaus-Werdens: mal 4! Das Verhältnis der vorgegebenen BGF zur maximalen Gebäudehöhe impliziert ein gedrungenes Volumen, dem die Anmutung eines Hochhauses fehlt. Durch Vervierfachung des Einzelvolumens entstehen vier Einzelgebäude, deren Proportionen der mythischen Eleganz des Hochhauses entsprechen – wie in den Lake Shore Drive Apartments von Mies van der Rohe – und als Hochhaus-Cluster eine mondäne Silhouette ans Seeufer holen. Der Cluster aus 4 schlanken Hochhäusern wird zum Protagonisten am Lake Shore Walk der Seestadt Aspern.

FORMEL DER PROPORTION

Die Proportion der Lake Shore Drive Apparments, Chicago (Ludwig Mies van der Rohe, 1951) im Vergleich der Vorgabe der Auslobung für das Wohnhochhaus in der Seestadt Aspern und mit den reproportionierten Lake Shore Walk Apparments.

Von Rundumblicken und Seeblicken...

Die exponierte Kompaktheit wirkt auf die Annehmlichkeiten des Wohnens mehrfach positiv ein. Mit der Mehrfachorientierung aller Wohnungen (außer den B-Typen) kommen die BewohnerInnen in den Genuss außergewöhnlicher Rundumblicke. Der Mehrwert des Hochhauses als Objekt mit FernSEHwirkung kann einerseits durch den Umstand der Flachheit des transdanubischen Feldes, andererseits durch die bevorzugte Seelage gleich doppelt ausgespielt werden. Darüber hinaus bietet Lake Shore Walk durch die spezielle Konfiguration des Clusters 113 Meter seeorientierte Fassaden.

Dynamische Kompaktheit: kompakt und exponiert zugleich

Bei Betrachtung des Gesamtenergiebedarfs punktet der geballte Cluster, indem er Kompaktheit (warme Hülle) mit hohem Lichteintrag, und Mehrfachorientierung (Lüftung) verknüpft. Die tragende Struktur des Hochhauses wird in sehr wirtschaftlicher Massivbauweise ausgeführt. Unterzuglose Flachdecken in Halbfertigteilbauweise spannen zwischen den tragenden Außenwänden. Damit sind keinerlei Stützen oder tragende Wände in den Wohnungsverbänden notwendig. Dies ermöglicht hochflexible Grundrisskonfigurationen bei einer optimalen Wohnungstiefe von 8 Metern. Zwischen den einzelnen Hochhausscheiben liegt das Stiegenhaus, das von 4 Seiten belichtet wird. Neben den schönen Ausblicken bieten die lichtdurchfluteten Korridore ein hochattraktives Nach-Hause-Kommen: pro Korridor maximal 2, oft nur eine Hauseingangstüre vorhanden.

offene Rahmung: 4 Stempel und ein Sockeldach

Die größte Herausforderung für jedes Hochhaus ist seine gelungene Landung: kleine, intensive EG-Zonen im Fußabdruck der Gebäude ersetzen den großen, schwierig verwertbaren Sockel. Der Sockel wird als öffentlich zugänglicher Freiraum mit attraktiven Vorplätzen ausgebildet. Urbane Freiräume, ein gemütlicher Birkenhain und ein attraktiver Spielbereich beherrschen die Gestaltung. Sie fassen das Gebäude ein, ergänzen und beruhigen, ohne dabei die Dynamik der Architektur zu unterbrechen. Zur Promenade hin öffnet sich unter dem großen Flugdach ein öffentlicher Platz der durch eine schlichte, zurückhaltende Gestaltung nicht nur vielfältige Nutzungsmöglichkeiten – vom Schanigarten bis zum Outdoor Working Space – bietet, sondern auch Leinwand für das Licht-und-Schatten Spiel des Daches ist.Passanten werden den offenen, lichtdurchfluteten und windgeschützten Sockelraum immer wieder gerne durchstreifen, auch wenn sie sich dabei nicht immer ein Eis bei der Gelateria oder ein Gebäck beim Bäcker gönnen werden.

VERTIKALE SCHICHTUNG DER FREIRÄUME

Der hohe Anspruch an die Qualität des unmittelbaren Umfelds wird über die spezielle „Landung“ umgesetzt: das perforierte, mit einem Mosaik aus Grätzel-Zellen (PV-Anlage) belegte Sockeldach folgt der städtebaulichen Linienführung der Maria-Tusch-Straße bzw. Janis-Joplin-Promenade und bildet einen öffentlich zugänglichen, überdachten Bereich, der sich bis zu den Baukörpern hineinzieht. Auf dem Dach finden sich vier jeweils unterschiedliche Dachterrassen, die von den BewohnerInnen genützt werden.

PUNKTLANDUNG MIT OFFENEM SOCKEL
Komprimieren = Öffnen

Die größte Herausforderung für jedes Hochhaus ist seine gelungene Landung: kleine, intensive EG-Zonen im Fußabdruck der Gebäude ersetzen den großen, schwierig verwertbaren Sockel. Der Sockel wird als öffentlich zugänglicher Freiraum mit attraktiven Vorplätzen ausgebildet. Die zu den Obergeschoßen kontrastierende Farbgebung und Materialität (reflektierendes Weiß), der Stützenwald sowie die spezielle Lichtführung (Oberlichter) bzw. Beleuchtung geben dem offenen Sockelraum ausgeprägte Qualitäten, die ihn zugleich diskret und offen erscheinen lassen. Passanten werden seinen offenen, lichtdurchfluteten und windgeschützen Raum immer wieder gerne durchstreifen, auch wenn sie sich dabei nicht immer ein Eis bei der Gelateria oder ein Gebäck beim Bäcker gönnen werden.

urbanität unter dem dach des offenen sockels
WINDKOMFORT

Das Gebäude ist mit einem umlaufenden Flugdach versehen, welches bewirkt, dass
die Abwinde nicht den Boden erreichen. Der Windkomfort auf den Gehsteigen, vor den
Eingängen und im Innenhof wird dadurch erhöht. Hoher Windkomfort ist in der Folge auch für langes Verweilen im Freien (Aufenthalt im Gastgarten, Benützung eines Spielplatzes,…) zu erwarten.

DER WALD

Die Leichtigkeit des offenen Sockels wird durch die sorgfältig ausgebildete und
parametrisch optimierte Konstruktion unterstrichen: die 10cm starken Stahlstützen
tragen ein 12cm starkes Betondach. Dieser künstliche „Wald“ wird im südöstlichen
Bereich durch den Birkenhain fortgesetzt.

DER ROCK

Die zu den Obergeschossen kontrastierende Farbgebung und Materialität (reflektierendes Weiß), der Stützenwald sowie die spezielle Lichtführung (Oberlichter) bzw. Beleuchtung geben dem offenen Sockelraum ausgeprägte Qualitäten, die ihn zugleich diskret und offen erscheinen lassen.



Lage: Seestadt Aspern, Österreich Projektformat: Nicht offener Realisierungswettbewerb für den Neubau eines Wohnhochhauses, Baufeld J3A, Seestadt Aspern in Wien Projektstatus: abgeschlossen Grösse: 3.756 m2 BGF: > 16.000 m2 Planungszeitraum: 2015 Projektdauer: 4 Monate Auftraggeber: BUWOG Seestadtstraße GmbH Partner/innen: AKF (Carl Schläffer, Philipp Rudigier) Fachplanner/innen: D\D (Landschaftsplanung) Mitarbeiter/innen: Paula Fernández San Marcos, Martin Wild