Ein Roberto H. Migge Universum

Als Neuinterpretation des Gartens, der sich mit seinem Angebot immer schon der Erleichterung, Anreicherung oder sogar Rettung unseres Alltags gewidmet hat, adressiert das Universum drei konkrete Qualitäten, die seiner Namensgebung zugrunde liegen: Sinnlichkeit der Gestaltung, Ausleben unterschiedlicher Wünsche und Pflege sozialer Solidarität. Das Zusammenwirken dieser Qualitäten ist nicht nur der Schlüssel für das Entstehen resilienter Nachbarschaften innerhalb und außerhalb der vier Wände. Es ist auch die aus dem Ort herausgelesene Chance zu einer unverwechselbaren Zukunftsfähigkeit. Das IBA-Experimentierfeld, konzipiert im Rahmen der  IBA Stuttgart 2027 erweitert sich zum IBA-Gartenfeld.

DAS ROBERTO-H.MIGGE-UNIVERSUM

Das Tobias-Mayer-Quartier wird Alltagsgeschichten schreiben: Neubau und Bestandsbauten spannen eine neuartige Welt unter freiem Himmel auf. Sie ist für die Nachbarschaft des Quartiers und die individuellen Wünsche der hier Wohnenden da, steht aber auch den Menschen auf der Flandernhöhe offen: das Roberto H. Migge Universum. Als Neuinterpretation des Gartens, der sich mit seinem Angebot immer schon der Erleichterung, Anreicherung oder sogar Rettung unseres Alltags gewidmet hat, adressiert das Universum drei konkrete Qualitäten, die seiner Namensgebung zugrunde liegen:
1. die Sinnlichkeit der Gestaltung im Dialog mit den Rhythmen der Jahres-, Wochen-, Tag- und Nachtzeiten, dafür steht Roberto (Burle Marx).
2. ein Feld für das gleichzeitige Ausleben unterschiedlichster Wünsche, dafür steht H. (Hieronymus Bosch).
3. ein Rahmen für das Pflegen sozialer Solidarität – dafür steht Migge (Leberecht Migge).

Von 3 Höfen zum IBA-Gartenfeld

Die städtebauliche Setzung schafft einen pointierten Freiraumtypus, der als autofreier Trittstein mit hoher Längs- und Querdurchlässigkeit das Archipel von Grünräumen ergänzt und zum Ausbau des sanften Mobilitätsnetzes beiträgt: durch Umschichten der Baumassen verwandeln sich zwei der bestehenden Höfe in das große IBA-Gartenfeld, der Hof an der Wäldenbronner Straße wird konsolidiert. Die Palmstraße wird zur autofreien Palmpromenade entlang der neuen Häuserkette. Zusammen mit dem neuen Palmplatz stellt sie eine durch das Gartenfeld verlaufende Binnenverbindung zwischen Wäldenbronner-Straße und Kirche St. Bernhardt her. Gleichzeitig bildet die Abfolge an öffentlichen Platzbuchten an der neu gestalteten Tobias-Mayer-Straße ein attraktives, fußgänger- und fahrradfreundliches Vorfeld, das die Entreesituation an der Pfaffenackerstraße stärkt.

Der Hof als Gartencollage

Gärten sind traditionell Ort der Aufzucht und Pflege von Pflanzen aber auch Orte der Kontemplation und Sehnsucht. Unser Konzept versucht dies aufzunehmen und auf den spezifischen Ort sowie den Kontext eines Wohnumfeldes zu übersetzten. Der Charakter des Gartens ist dabei geprägt von abwechslungsreichen und fließenden Raumfolgen mit hoher atmosphärischer Dichte. Collage-artig überlagern und überschneiden sich die vielfältigen räumliche Situationen (wie z.B. Streuobsthain, Rasenlichtung, Gartenwäldchen, Pflanzinseln, Gartenkabinette, Gemeinschaftsgärten, Pavillons und Glashäuser) zu einem lebendigen Gartenensemble. Die Vielfalt der räumlichen Situationen spiegelt dabei das Leben im neuen Quartier wieder und ermöglicht vielfältige Nutzungs-, Aneignungs- und Rückzugsmöglichkeiten.
Schaubilder: Carla Lo

Das Tobias-Mayer-Quartier und seine vielen Räume unter freiem Himmel

Mit dem Palmplatz entsteht ein neues Zentrum fürs Quartier und darüber hinaus. Der Platz spannt sich dabei über die Straße und verwebt sich mit dem Vorplatz des gegenüberliegenden Hochhauses zu einer großzügigen Platzsituation. Aktive EG-Nutzungen (Café und Jugendtreff) beleben den Platz gemeinsam mit Nutzungsangeboten im Freiraum. Locker gesetzte Baumgruppen ergänzen die benachbarten Baumgruppen im Norden und bieten angenehme, beschattete Aufenthaltsmöglichkeiten. Die autofreie Palmpromenade führt vom Palmplatz zur Kirche und dient als Rückgrat durch das Gartenfeld. Beidseitig begleitende Baumreihen inszenieren den Blick in die Tiefe und bilden eine subtile räumliche Gliederung zwischen der Öffentlichkeit der Promenade und des umgebenen Gartenfeld. Die Tobias-Mayer-Straße erhält mit einem großzügigen Trottoir, einem neuen Fahrradweg und einer Baumreihe einen neuen, zeitgemäßen Querschnitt. Die hochstämmigen Straßenbäume sorgen für eine Beschattung für Fußgänger, Radfahrer und der Fassaden. Die Platzbuchten als Entrées ins Quartier entwickeln mit ihren mehrstämmigen Blühgehölzen einen identitätsstiftenden, eigenständigen Charakter. Neben Fahrradabstellmöglichkeiten laden locker verteilte Möblierungselemente zum Verweilen ein.

Schneiden und Schieben

Das systematisches Aufschneiden des Zeilen-Typs schafft eine spannende städtebauliche Raumsetzung, erhöht die Belichtungsqualität und ermöglicht Wohnvielfalt.

Das Ketten-Haus

Die Etagenpromenade erweitet den Wohnraum: daran angelagerte Wohnungen, Wohngemeinschaften, Cluster-Wohnen, Co-Working-Räume und gemeinschaftliche Einrichtungen bilden eine etagenspezifische Binnenöffentlichkeiten, an denen die Nachbarn partizipieren können. Die drei Typologien Laubengang, Korridor, Punkt sind jeweils durch eine klare Grammatik (Aussteifende Elemente, Schächte, Nasszonen, Unterzüge ) definiert, wodurch eine Vielzahl an Wohnungstypen möglich ist.

Das Orchester der sozialen Nachhaltigkeit - Alles kann IBA!

Durch entsprechendes Besiedelungsmanagement und gezielte Moderation soll das solidarische Potenzial der Häuser ebenso wie die Entwicklung ihrer inneren Vielfalt ausgelotet werden. Das IBA-Experimentierfeld übernimmt dabei eine „Vorreiterrolle“, welche die „urbane Substanz“ des Wohnens als Modell kommunizierender Lebensmodellgefäße demonstriert. Wohnen und Arbeiten, Rückzug und Exponiertheit, Ruhe und Geschäftigkeit, etc. können aufgrund der vernetzten Etagenpromenaden in unterschiedlichen Formaten und räumlichen Situationen ausgelebt werden. Die verbindende Etagenpromenade suggeriert zudem die Inklusion der angrenzenden Nachbarn, die als nutznießende Anrainer*innen sich höchstwahrscheinlich mehr als gerne vom Angebot des IBA-Experimentierfelds verführen lassen werden.

Die Palmpromenade

Die autofreie Palmpstraße wird zur Promenade; sie führt vom Palmplatz zur Kirche und dient als Rückgrat durch das Gartenfeld. Beidseitig begleitende Baumreihen inszenieren den Blick in die Tiefe und bilden eine subtile räumliche Gliederung zwischen der Öffentlichkeit der Promenade und des umgebenen Gartenfeld.

Blick von der Dachterrasse auf den Laubengang

Die Dachflächen erweitern das vielfältige Freiraumangebot auf der Ebene der Hausgemeinschaften. Durch einen differenzierten Umgang mit Substrataufbauten entsteht eine artenreiche, lebendige, grüne Dachlandschaft.



Lage: Esslingen am Neckar, 73732, Deutschland Projektstatus: 1.Preis Kettenhaus, 2.Preis L-Haus Grösse: 40.937 m2 BGF: > 49.170 m2 Planungszeitraum: 2021 Auftraggeber: Baugenossenschaft Esslingen, Esslinger Wohnungsbau GmbH, IBA Fachplanner/innen: Carla Lo Landschaftsarchitektur, MerzKleyParter, Jung Ingenieure, con.sens Verkehrsplanung Mitarbeiter/innen: Partyk Ślusarski, Martin Wild, Livia Dirnböck, Irina Hristova, Jan Klinkhammer